Die 1580 eingerichtete und bis 1622 bestehende Nuntiatur in der innerösterreichischen Residenzstadt Graz war in der Frühen Neuzeit neben der Nuntiatur am Kaiserhof die einzige diplomatische Vertretung des Heiligen Stuhles in den habsburgischen Erbländern. Ihr standen insgesamt sechs Nuntien vor. Girolamo Portia (1559-1612), Bischof von Adria (1598-1612), hatte dieses Amt von 1592-1607 inne. Diese ungewöhnlich lange Amtszeit wird in der Dissertation in Form einer politischen Mikrogeschichte analysiert, die dergestalt einen Beitrag zur Kommunikations- und Kulturgeschichte sowie zur Internationalen Geschichte leistet. Dabei stehen vor allem die Handlungs- und Denkmuster der Akteure der innerösterreichisch-römischen Beziehungen im Mittelpunkt. Girolamo Portia hat als Mitglied eines weit verzweigten adeligen Familienverbandes die kuriale Karriere eingeschlagen, die mit der Nuntiatur in Graz ihren Höhepunkt erfuhr. Als apostolischer Nuntius an einem weltlichen Fürstenhof stand er vor der Aufgabe, die Interessen der Kurie und des innerösterreichischen Landesfürsten ausgleichen zu müssen, um den Erfolg seiner Mission zu sichern. Eben diese Verhandlungs- und Entscheidungsprozesse fördert die amtliche Korrespondenz zwischen dem päpstlichen Staatssekretariat und dem Nuntius zu Tage. Sie gewährt überdies Einblicke in die Politik der Päpste Clemens VIII. und Paul V. und in die Grazer Jugendzeit des späteren Kaiser Ferdinand II., aber auch in kommunikative Strategien von Kurie und Nuntius auf der einen, des Grazer Hofes auf der anderen Seite. Formale Faktoren dieses Schriftverkehrs wie die Anrede- und Schlussformeln sowie die Eigenhändigkeit ermöglichen Rückschlüsse auf die Existenz von Privatsekretariaten der Korrespondenten und lassen Klientelbeziehungen vermuten. Darüber hinaus wurden eigenhändige Ergänzungen und vollständig eigenhändige Schreiben in der Korrespondenz bewusst als Kommunikationsmittel eingesetzt.
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