Meine Zeit, mein Leben. Ein kulturwissenschaftlicher Blick auf das Spannungsfeld von Zeitspielräumen. Beschleunigung wurde zum elementaren Prinzip moderner Zeitkultur ? Geld zum Medium der Vergesellschaftung, das sich ständig bewegen und vermehren soll. Der Zwang, Zeit zu sparen, greift nicht nur auf Bereiche der Erwerbsarbeit und des Verkehrs, sondern auf beinahe alle Alltagsaktivitäten zu und verändert diese in ihrem sozialen Charakter. Vor dem Kontext der gegenwärtigen Dynamik eines wirtschaftlichen Strukturwandels können Leerläufe, also Momente, Stunden, aber auch Tage, in denen vermeintlich nichts passiert, tendenziös zur Bedrohung und zu einem lästigen oder zu einem unangenehmen Zustand werden. Nichtsdestotrotz ist dies noch längst kein Beweis dafür, dass diese Zustände und Praxen der vermeintlichen Zeitverschwendung, die sich etwa hinter dem Begriff Nichtstun verbergen, auch tatsächlich negativ erlebt und vermieden werden. Zentrale Fragen dieser Forschung sind: Welche Formen kann Nichtstun inmitten eines getriebenen gesellschaftlichen Gewirrs annehmen, welche Bedeutung kommt bewusst gesetzten Leerläufen auf persönlicher Ebene zu? Die Auffassung von Wohlstand, in gegenwärtigen politischen und medialen Diskursen häufig auf seine materiellen Komponenten reduziert, verschleiert nicht nur die speziellen Klasseninteressen die hinter der Durchsetzung dieses neoliberalen Modells stehen. Diese Betrachtung verschließt auch den Blick auf alternative Sicht- und Lebensweisen wie etwa im ?Zeitwohlstand? zu leben. Im empirischen Teil dieser Arbeit wird der Blick auf Protagonistinnen gerichtet, welche die Tendenzen eines hegemonialen (Leistungs-) und Zeitnutzungsbildes reflektieren. Da sich das strukturelle Zeitkostüm nicht einfach abstreifen lässt, stehen die Diskrepanzen ihrer Bemühungen ? Lebenskonzepte zu entwerfen, in welchen mitunter Formen von Muße als Teil des Lebensstils neu gedacht und gelebt werden, im Mittelpunkt.
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